Künstler: Bombay Bicycle Club
Album: So Long, See You Tomorrow
Mitglieder: Jack Steadman, Jamie MacColl, Ed Nash, Suren de Saram
Herkunft: London, UK
Klingt wie: Eine musikalische Wundertüte
In 45 Minuten nach Indien und wieder zurück. Klingt unmöglich. Doch Bombay Bicycle Club entführen uns mit ihrem lang ersehnten vierten Longplayer So Long, See You Tomorrow auf musikalische Spritztour durch Welt. Drei Alben in drei Jahren, ausverkaufte Konzerte und diverse Festivalauftritte. Davon musste sich Jack Steadman, kreativer Kopf und Sänger des Bombay Fahrradclubs, erst einmal erholen und begab sich auf Reisen. Bereits während der letzten Tour hing der charmante Engländer in jedem Land ein paar Tage für Sightseeing, Inspiration und gutes Essen ran. In der dreijährigen Pause stillte er seine Wanderlust mit weiteren Reisen nach Japan, Indien und in die Türkei. Besonders die ländlichen Regionen hatten es dem Kopf der Band angetan, welche er – wie passend – oftmals mit dem guten alten Drahtesel erkundete. Zurück kam er mit reichlich Ideen, Inspiration und Mitbringsel, die auf dem neuen Album deutlich zu hören sind.
Die vier Londoner Jungs haben sich mittlerweile zur Indie-Institution gemausert und mit ihren Silberlingen bewiesen, dass ihr ständiger Begleiter auf den Namen Veränderung und Weiterentwicklung hört. So lieferten Bombay Bicycle Club mit ihrem Debüt I Had The Blues But I Shook Them To Loose dank erfrischendem Indie-Rock den Soundtrack zum sommerlichen Tanz auf der Wiese. Das träumerische „Flaws" trumpfte schon mit ordentlich mehr Akustikklampfe und Melancholie auf, um dann mit dem nächsten Album A different Kind Of Fix die Kehrtwende zum Pop einzuschlagen. Was sollte nun folgen?
Mit So Long See You Tomorrow schlug das Londoner Quartett, wie sollte es anders sein, eine weitere Richtung ein, Pop im Orientexpress trifft es wahrscheinlich am passendsten, und wird damit erstmals auch ihrem Namen gerecht. Vor allem Mumbai, das frühere Bombay, hatte es Steadman auf seinem Trip in die Welt mit seiner ganz eigenen Energie angetan und zugleich Schmerzen bereitet, wenn er berichtet „Dir tut irgendwann der Mund weh, weil jeder dich anlächelt und du ständig zurücklächelst." Dieser Versorgung mit positiver Energie und frischer Motivation ist es zu verdanken, dass die neue Platte fein säuberlich mit Ethno-Geklingel, indischen Einflüssen und Elektropop gespickt ist.
Der verflixt gelungene Opener Overdone wird gleich mal mit einem Sample eines bekannten indischen Bollywood Filmes eingeleitet und gibt direkt die Reiseroute vor. Ehe man sich versieht nimmt der Beat-Galopp Fahrt auf. In stoischen Chören wird mit „It's alright now, I don't wanna wait." eine Parole gegen Leerlauf gepredigt, Verharren war gestern, weiter geht’s. Carry Me steht mit seinen Industrialbreaks und treibenden Schellen bereits in den Startlöchern. Nur während des schwerfälligen Refrains wird der Wind kurz aus den Segeln genommen, um dann weiterhin zur Sonne zu streben. Mit Luna zaubert der Fahrradclub eine Vorab-Single mit echten Ohrwurm Qualitäten aus dem schwarzen Zylinder. Fließende Beats, eingeworfene Synthies und sitarähnliche Klänge untermalen die eingängigen Stimmen von Jack Steadman und seiner weiblichen Unterstützung Rae Morris. Kurz ist die Urlaubsluft mit einem Hauch von Shoegaze erfüllt.
Bombay Bicycle Club bitten inständig darum die Tanzschuhe in den Rucksack zu packen. Mit So Long, See You Tomorrow hat das Quartett 10 gute Gründe geschaffen, sie weiterhin auf ihren Reisen zu begleiten. Damit machen sie auch den Wermutstropfen wett, dass unter den gelungenen Genrewechsel und der ambitionierten Experimentierfreudigkeit, der textliche Anspruch minimal in den Hintergrund gerückt ist. Nichtsdestotrotz verwöhnen sie uns ein weiteres Mal mit einem Tonträger zum Arme ausbreiten und Welt umarmen.
Anspieltipps:
- Luna
- Feel
- Overdone
- Carry Me
Sitzt auf gepackten Koffern: Vanessa Berger