Künstler: Cloud Nothings
Album: Here And Nowhere Else
Mitglieder: Dylan Baldi, Joe Boyer, TJ "Juck" Duke, Jayson Gerycz
Herkunft: Cleveland, Ohio
Klingt wie: Cloud Nothings!
Die Cloud Nothings sind tot – lang leben die Cloud Nothings. Wer sich nach dem epochalen, aber wenig lebensbejahendem Attack On Memory von 2012 sehnlichst die guten, alten, fröhlichen, verspielten Zeiten eines Cloud Nothings (2011) zurück wünschte, wird mit dem neuen Langspieler der Amerikaner ausgesöhnt.
Betrachtet man das Oeuvre der Clevelander Garage-Größe oberflächlich, könnte man meinen, man befände sich in der neusten Attraktion eines Vergnügungsparks. Das Debüt Turning On holpert mächtig los, wie ein Achterbahnwagen, der versucht die Spur zu halten. Der Nachfolger bringt einen in die höchsten Höhen der Lebensfreude, um dann von Attack On Memory gründlich Richtung Abgrund zu rasen.
Betrachtet man das Oeuvre der Clevelander Garage-Größe realisitsch, bekommt man das Portrait des gerade mal 23-jährigen Bandkopfes Dylan Baldi. Attack On Memory malt die Welt so schwarz, wie man es sich nur vorstellen kann. Destruktion, Aversion und Nihilismus geben sich die Klinke in die Hand, was am Ende übrig bleibt sind vereinzelt lodernde Brandflächen – gerodetes Wasteland einer einst üppigen Landschaft. Baldi selbst erklärte jüngst im Visions-Interview, dass er sich aktuell auch nicht mehr erklären kann, wie er die Welt damals so negativ sehen konnte. Umso besser, dass er es musikalisch eindrucksvoll festgehalten und mit Attack On Memory ein derart intensives Werk geschaffen hat, dass sich im Grunde jede nachfolgende Platte daran messen muss. So auch Here And Nowhere Else. Was die inzwischen vierte Platte der Cloud Nothings dabei leistet, lässt sich am simpelsten mit Versöhnung beschreiben.
Baldi versöhnt sich mit der Welt und lässt es diese hören. Der Opener kontrastiert mit seinem Titel Now Here In auch gleich den Opener des Vorgängers No Future/No Past. Der luftleere Raum, in dem sich Baldi 2012 noch befand, scheint endlich Geschichte zu sein. Passend dazu auch der Albumtitel Here And Nowhere Else. Endlich fixiert in Raum und Zeit. Endlich irgendwo angekommen, wo man nicht permanent das Gefühl hat, man wäre lieber woanders. Endlich wieder positivere Aussichten, die sich auch im Songwriting widerspiegeln. Keine enorm langen Jams mehr, die in höllischer Extase gipfeln. Dafür gewohnt temporeiche, melodielastige Songs mit der liebgewonnenen Hookdichte. Psychic Trauma beispielsweise startet sehr geerdet, fast bequem, um plötzlich derart an Speed zu gewinnen, das einem kurz schwindelig wird. Den Boden verliert man dabei nie unter den Füßen, weil Cloud Nothings diese schon längst in ihr Fundament aus dreckigem Gitarrenrock eingegossen haben. Am eindrucksvollsten beweist das der letzte Track I´m Not Part Of Me, der sinnbildlich für Baldis Perspektivwandel steht und aus dem auch die Zeile stammt, die dem Album seinen Titel gab. „I´m learning how to be here and nowhere else, how to focus on what I can do myself.” Das Gute ist, dass Baldi uns nicht alles wissen lässt, was er durchmachen musste („I'm not telling you all I'm going through“) – wohl wissend, dass jeder sein Päckchen zu tragen hat. Diese Bescheidenheit macht die Jungs noch sympathischer. Weiterer Sympathiepunkt ist der Wiedererkennungswert der Cloud Nothings. Wenige Bands schaffen es, sich in ihren Grenzen so umfangreich auszutoben, dass keine Langeweile aufkommt.
Getreu dem Motto „Focus On What I Can do Myself” bleiben die Clevelander bei ihren Leisten und schaffen mit „Here And Nowhere Else“ ein Album, dass nicht nur sie selbst fest veranktert, sondern auch den Hörer. Plötzlich zufrieden quasi. Ein Zustand, den es sich lohnt zu konservieren und auf Abruf bereit zu halten. Mit Here And Nowhere Else bekommt man die Möglichkeit dazu.
Anspieltipps:
- Psychic Trauma
- I'm Not A Part Of Me
- Now Hear In
Trotz luftigem Namen eine feste Instanz für: Jakob Sauerwein