Künstler: Eels
Album: The Cautionary Tales Of Mark Oliver Everett
Mitglieder: E (Mark Oliver Everett), The Chet, Knuckles (Derek Brown), Honest Al, P-Boo (Mike Sawitzke)
Herkunft: USA
Klingt wie: Wilco, Beck, dEUS
Einer der produktivsten Musiker unserer Zeit hat sein mittlerweile elftes Studioalbum herausgebracht. Mark Oliver Everett (alias „E“) hat sich mit „The Cautionary Tales of Mark Oliver Everett“ wieder zurück auf seine melancholischen Wurzeln besinnt. Er breitet in dreizehn Songs den Scherbenhaufen seines Privatlebens vor uns aus. E steht mit 51 Jahren emotional vor dem Nichts: "Listen to these stories of me fucking up, and let me do them for you. You can learn from my mistakes.”
„The Cautionary Tales…“ ist eine sehr persönliche Platte. Es ist auf jeden Fall eine große Platte, vielleicht die Beste er je gemacht hat. Mark Oliver Everett scheint ein komplizierter Mensch zu sein. Seit jeher Musik als Katalysator für seine Gefühle nutzend, hat man als Hörer immer den Eindruck, man wüsste, in welcher Gemütsphase E steht. Total depressiv (Electro-Shock Blues), Himmelhoch jauchzend (Wonderful, Glorius), Zufrieden-abgeklärt (End Times). Mit so verdammt großartigen Platten im Gepäck sowie mit großartigen Songs wie „I like Birds“, „Novacaine for the Soul“ oder „I need some sleep“ hat E etwas geschaffen, das sich für immer in mein Herz eingebrannt hat. Die Messlatte für sein neues Album liegt dementsprechend hoch. Ein Großteil der Platte wurde wieder bei E zu Hause aufgenommen, mit einem wilden Mix aus Gitarre, Bass, Glockenspiel, alten Kassettenrecordern, Drums und Synths. Es ist eines dieser Alben, das so gar nicht nach 2014 klingt. Es hätte gut und gerne auch schon 20 Jahre früher erscheinen können. Es klingt Vintage, und das meine ich als Kompliment. Die Geister seiner Vergangenheit holen Mr. Everett immer wieder ein. Die Fehler seiner Jugend scheinen ihn zu verfolgen. Das wird im besonderen Maße deutlich in der aktuellen Singleauskopplung „Mistakes of my youth“:
„I am not a younger man
I keep defeating my own self
And keep repeating yesterday
I can't keep defeating myself
I can't repeating the mistakes of my youth“.
Nach seinen letzten Platten hatte man den Eindruck, der gute Mann hätte endlich wieder zu sich gefunden. Sein neues Meisterwerk zeigt aber, dass E noch immer mit sich und seiner Vergangenheit hadert. Wenn man sich seine Biographie anschaut, kann man auch verstehen warum. Sein Vater, ein begnadeter Physiker, starb früh an Herzversagen. Dann beging seine Schwester Suizid, kurz darauf verstarb auch die Mutter. Keine seiner Beziehungen hielt lange. Die einzige wirkliche Konstante in seinem Leben ist sein Hund Bobby (der auch seine eigene Website besitzt) und die Musik. Mit diesem Hintergrund bekommt das Melancholische an der Platte einen fast tragischen Beigeschmack. Mit brutaler Offenheit rekapituliert E sein Leben und sieht sich an einem leeren Punkt stehend: „I thought I'd have some answers by now.“ In diesen Momenten erinnert er einen an einen gealterten Holden Caulfield, immer am Hadern mit sich selbst. Trotzdem versinkt er nie in Depression, nie in absolutes Selbstmitleid. Die Hoffnung, das wird an dieser Platte wieder einmal deutlich, steht immer im Vordergrund. Am Ende wird es doch immer vorangehen, man weiß zwar nicht wohin, aber wie E auch in seinem letzten Song „Where I´m going“ hoffnungsvoll meint: Ich bin zwar noch nicht da, wo ich gerne wäre, aber ich laufe schon mal in die richtige Richtung.
Anspieltipps:
- Mistakes of my Youth
- Where I'm From
- Lockdown Hurricane
Rennt mit Eels durch die Roggenfelder: Caroline Niwinska