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Summary

Hercules and Love Affair - Blue Songs

something borrowed, something blue ...

Band: Hercules and Love Affair
Album: Blue Songs
Herkunft: New York City, USA
klingt wie: Disco

Es geschah im Jahre 2008: Vampire Weekend hatten den Afro-Beat wieder salonfähig gemacht, die psychedelischen Pilze von MGMT dampften aus jeder Pro7-Reportage, die Fleet Foxes etablierten vollbärtige Kauzigkeit als neues Schönheitsideal für heiße Hipster und das 80er Jahre-Revival, das 2006 mit Nu Rave begann und bis heute anhält, verteidigte konsequent seinen Platz in jedem erdenklichem Bereich der Popkultur. Doch als wären interkontinentale Tanzmusik; pulsierende Psychedelika; Crosby, Stills, Nash & Young und omnipräsente Synthiepower des Revivals noch nicht genug, schickte das New Yorker Label DFA Records (ja, genau, das vom dicken James Murphy) ein trojanisches Pferd ins Rennen um die rentabelste Retrospektive, das genau das einforderte, was kaum einer mehr auszusprechen wagte: Disco!

Damals war es vor allem Antony, der uns alle aufhorchen ließ. Er verließ seine Johnsons kurzzeitig für ein Projekt des New Yorker DJ Andrew Butler, das sich in Bezug auf Namensgebung und Artwork ganz bewusst der griechischen Mythologie und somit gleichzeitig auch einer gewissen homosexuellen Symbolik bediente: Hercules and Love Affair. Treffender hätte es da nicht sein können, dass gerade Antony Hegarty, seines Zeichens selbst eine Ikone der Transgender, dem Ganzen nicht nur sein Gesicht, sondern eben auch seine fragile Stimme lieh. Zusammen entstand das selbst betitelte Debüt-Album, welches sich sehr tief vor den Anfängen der House-Musik sowie dem Disco-Sound der späten 70er Jahre verneigte, dadurch zum absoluten, heißgeliebten Darling der absolut streitbaren SPEX wurde und besonders nahe Verwandte meinerseits wiederum vermuten ließ, aus meinen Lautsprechern schalle gerade Bronski Beat.

2011 nun hat sich einiges verändert bei Herkules und seiner Liebesaffäre – er hat sich eine andere gesucht:doch nicht der Sound ist es, der gegen einen neuen eingetauscht wurde, sondern vielmehr die Umstände seiner Entstehung. Neues Label (Moshi Moshi), neuer Produzent, neue Besetzung, neue Stimmen.
Neue Symbolik: Blue Songs heißt das Zweitwerk von Hercules And Love Affair und eröffnet dem Rezensenten ungeahnte Assoziationsketten. Blau ist schließlich nicht irgendeine Farbe. Blau ist kalt, Blau beruhigt. Blau ist das Meer. Blau ist der Himmel. (Farbtrübungen durch Umweltverschmutzung ausgenommen!). Orte mit besonderer literarischer Konnotation: Sehnsucht, Ferne, Freiheit, Ausbruch. Blau ist eine Farbe für Alkoholiker, die Farbe der Männer, das Blut des Adels. Und Blau ist letztendlich, und das vor allem auch bei Andrew Butler, die Farbe der Melancholie.

Und schon wird die symbolische Farbenlehre zur angewandten Akustik. Sinn durch Synästhesie:
Blue Songs
ist eine Kollektion der schönsten Blau-Töne, schimmernd in den schillerndsten Nuancen. Mal strahlt dem Hörer ein freundliches Azurblau entgegen, dann wieder präsentieren sich die Songs in einem triefend traurigem Tiefblau (und heißen dementsprechend Boy Blue bzw. Blue Songs), meistens jedoch glimmen sie als neonblaue Knicklichter im Disco-Dunkel. Allem voran steht hierbei wohl der Opener Painted Eyes (wahrscheinlich sprechen wir auch hier, wie könnte es nicht anders sein, von blauen Augen, die den einen oder anderen ja ach so sentimental machen) – ein sechsminütiges, dekadentes Dancefloor-Epos, das gleich zu Beginn des Albums Maßstäbe setzt.Es folgen: Disco, Synthies, Soul und House. Hits, Balladen aber ganz selten auch eher so mittelblaue Töne.

Wo sich beim Debüt einst Antony in das musikalische Gewand gleichgeschlechtlicher Ideale hüllte, tritt auf Blue Songs ein anderer an dessen Stelle, und so folgt der ikonische Schlagabtausch, wenn nun Kele, der erst (naja) „kürzlich“ offiziell geoutete homosexuelle S... Sänger der einstigen Britpop-Heroen von Bloc Party, zumindest bei Step Up stimmliche Präsenz zeigt. Doch verkörpert gerade Kele eine ganz andere und in erster Linie vor allem maskulinere Art der Homosexualität als der transgendierende Antony – weshalb ein Song wie Step Up auch wesentlich härter daherkommt als einige der zartschmelzend kitschigen Hymnen des Debüts.

Letztendlich bliebt zu sagen, dass Blue Songs zwar eine Über-Single wie Blind fehlt, das wiederum jedoch keineswegs einen tragischen Verlust für die Platte darstellt. Das Zweitwerk von Hercules and Love Affair gestaltet sich wesentlich homogener als der Vorgänger: der Disco-Bombast bleibt, doch der Kitsch weicht stellenweise einem maskulineren Grundtenor, man präsentiert sich tough und will dennoch weich bleiben. So setzt man treibenden Beats hier und da feinsinnige Balladen (der Titeltrack Blue Songs!) entgegen. Vielleicht muss man Blue Songs zunächst öfter und aufmerksamer hören, doch jeder weitere Hörgang intensiviert den Genuss.

Bitte in der Disco abspielen:

  • Painted Eyes (!)
  • I Can't Wait
  • My House
  • Blue Songs
  • Falling

Stiehlt für Radio UNiCC heimlich Disco-Kugeln aus modernden Party-Kellern: Johansa Eisler*

 

* Name von Redaktion aufgrund der begangenen Strafdelikte bis zur Unkenntlichkeit entstellt


MyHouse:

http://www.myspace.com/herculesandloveaffair

Sammlung der Spex-Oden:

http://www.spex.de/?s=hercules+and+love+affair+

Band-Bio:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hercules_and_Love_Affair

Und sonst so:

http://pitchfork.com/forkcast/15284-my-house-stopmakingme-remix/

 

Und hier der blaue Beitrag.

 

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