Künstler: Jungle
Album: Jungle
Mitglieder: ???
Herkunft: London, England
Klingt wie: Funk für die Generation-Y
Ich trete aus der Tür, es ist schwül-heiß. Ein schwerer Benzinduft drückt sich durch die Luft in meine Nase und der Autolärm wird zur monotonen Geräuchkulisse einer Mittelmeerstadt. Die ältere Dame die sonst – ungeachtet der Temperaturen – eine Wollmütze trägt, wenn sie ihre Kuscheltierkatze Gassi führt, zeigt heut sogar Haar. Der Schlossteich ist ein No-Go-Minenfeld unzertrennbar verschmolzener Pärchen; unweit davon ein Mann der im Schatten einer Ahornkrone Aftershave trinkt. Alle schwitzen; viele stinken. Die Stadt fühlt sich südlich versetzt an und ist mir angenehm fremd.
Den Soundtrack zur Sommerhitze die jede Bewegung in Zeitlupe zwingt, liefern Jungle mit ihrem gleichnamigen Albumdebut. Ein Londoner Duo, das den Funk der 70er Jahre ins 21. Jahrhunder holt und ihn um eine subtile dunkle Seite erweitert. Ein Sound, so unbeschwert und leichtfüßig tanzbar, der trotzdem die Probleme eines engen aufgeheizten urbanen Raums reflektiert.
Das Album fühlt sich an wie eine funkige Vertonung einer 70er Jahre Grease Version in einem gemischt-ethnischen Vorort von New York. Kleine Kinder die sich zu "The Heat" unter der Fontäne eines Hydranten abkühlen und, trotz ihrer jungen Jahre, lächerlich große Afros tragen. Ein Backsteingebäude spendet Schatten für Frauen die sich um den besten Platz vor dem einzigen Ventilator im ganzen Viertel streiten. Unter ihnen Carlene. Sie ist verliebt in Rafiq, den Anführer der Gang, die gerade schnipsend, singend und tanzend an ihnen vorbeigeht und die Gruppe Frauen zu einem flirty Dance-Off herausfordert. Es liegt Spannung in der Luft.
Polizisten schauen sich das Spektakel durch ihre Pilotenbrillen an; in ihren Schnurrbärten hängt noch etwas Kaffee über dessen Wässrigkeit sich eingehend beschwert wird. Das Wort "Katzenpisse" fällt in diesem Zusammenhang.
Carlene hat drei Jobs um ihr Studium zu finanzieren. Sie will raus und kämpft gegen ein Umfeld das einen immer wieder herunzerzieht - auf die Schattenseite des Sommers. Zu Busy Earning rennt sie von einer U-Bahn-Station zur nächsten um pünktlich in einem kleinen Diner auf der anderen Seite der Stadt zu putzen. Rafiq geht seinen dubiosen Gang-Machenschaften nach während im Hintergrund die Sirenenwände von Platoon ertönen und böses erahnen lassen. Irgendwas geht schief. Überall Polizei. Er kann entkommen.
Carlene und Rafiq laufen im Regen von Drops in eine lang ersehnte Abkühlung. Sie sind geplagt von Zweife,l ob sie das Richtige tun als sie plötzlich aneinanderrempeln. Sie verliert ihre Aufzeichnungen über Tiermedizin (sie liebt Tiere). Er hilft ihr beim Aufsammeln.
Sie verlieben sich und fangen an zu reden. Aus den blechernen Lautsprecherboxen des Diners, in dem sie völlig durchnässt und großstadtanonym Unterschlupf gefunden haben um einen Kaffe zu trinken, tönt Time. Sie machen sich gegenseitig Mut.
Say it again!
Just hold on tight
Dont let in, yeah
I'll run alright, uhh
Don't let it in
Just let it out
Rafiq steht auf und tanzt um Carlene herum und trällert dabei Zeilen aus Julia
Julia, i dont know a thing about you
soon enough, you'll be all i ever knew
Seine Position als Gangleader leidet mit der Zeit unter der neuen Liebe was gelinde gesagt Argwohn bei seinen Untertanen hervorruft. Sie überreden ihn zu einem letzten Ding aber Carlene ist dagegen. Sie streiten sich.Was er nicht weiß, seine Gang hat ihm eine Falle gestellt und er wird erwischt.
Carlene besucht ihn zwei Wochen später im Gefängnis. Mit einer Hand an der Plexiglaswand und den Telefonsprecher am Mund singt er Lucky I got what I want.
Don't you Forget about me
I won't forget about you
Time to leave
Lucky I got what I want
Der Gefängniswächter macht das nicht lange mit und zieht ihn weg. Zurück in seiner Zelle schlägt gesenkten Hauptes Zeilen aus Lemonade Lake an die Gitterstäbe
Every Day and Every Night
I Miss You, I Miss You, I Miss You
Die Moral der Geschichte ist verdammt Komplex und überfordert mich nachdem ich mir den ganzen Scheiß ausgedacht habe.
Allerdings wissen wir, dass bei all der Verlockung, die Sommer und Sonne bieten auch manchmal Grund zur Achtsamkeit besteht. Sonst endet man als Ikarusfigur an einem Zitronensee bei 50 Grad im Schatten.
"Keine Ahnung was da in mich gefahren ist." Anar Taki