Band: Morning Boy
Album: We Won´t Crush
Mitglieder: Joerg Schmidt, Patrick Lange, Martin Heimann, Simon Rauland
Herkunft: Frankfurt am Main, oder?
Klingt wie: die unbekannten Mon Roe meeten die noch unbekannteren Helicopter und spielen zusammen den The Beach-Soundtrack ein
Meine Augen öffnen sich weniger mühsam als sonst. Das Licht, das durch das halb geöffnete Fenster fällt, ist diesmal weniger grell, es wärmt den Raum. Auch der Kater, der sich an all den anderen Morgen zuvor durch stechende Schmerzen an den Schläfen bemerkbar gemacht hat, ist heute angenehm erträglich, fast freundlich. Die Ursache für mein sanftes Erwachen ist schnell ausgemacht: Pilot. Der Opener von Morning Boys Debüt-Album ‚We Won´t Crush‘. Can I take the night away? I could take the night away. Der Morgen verwöhnt mich, die Hymne des neuen Tages dringt durch die Bettdecke und verrät: Heute wird gut. Kein Stress, keine Gedanken, kein unnötiger Ballast. Nur die Leichtigkeit und Ich.
Genau der seichte Übergang in die Welt, den ein Langschläfer wie ich braucht, um in die Klänge zu kommen. Wie ironisch das Leben manchmal ist: Der Katalysator meiner morgendlichen Wiedergeburt heißt ausgerechnet Morning Boy. Noch ironischer: die friedliche Atmosphäre entstammt der Bankenmetropole Frankfurt am Main, die Großstadt mit der höchsten Kriminalitätsrate in Deutschland. Die dort ansässige, 2008 gegründete Vierer-Combo um Joerg Schmidt, die noch im Gründungsjahr eine erste EP auf den Markt geworfen und damit Waggle-Daggle-Records geweckt hat, wartet jetzt mit einer 12-Track-Full-Length-Platte auf. ‚We Won´t Crush‘ erscheint Ende November und ist absolut kein Winteralbum.
Nachdem Pilot und das folgende Every Whisper den Crossfade zwischen Nacht und Tag perfektioniert haben, wird mit Just 19 und der Vorab-Single Hey Hey (I Found You) die Richtung für die bevorstehenden 24 Stunden vorgegeben: Aufstehen. Frühstück und dann raus auf die Straßen, denn da wartet die Welt. Und die dreht sich mit jedem meiner Schritte ein Stück schneller, also ein Fuß vor den anderen. Nach jedem Song direkt der Nächste, die volle Wirkung entfaltet sich in der Relation. Morning Boy gelingt es mit jedem Ton das omnipräsente Genre Indie-Pop frei von jedweder Nationalität zu präsentieren: keine deutsche Kantigkeit, keine kindlich-isländische Verspieltheit, keine britische Hype-Aktivität. Irgendwo zwischen sämtlichen Grenzen befindet sich der Sound der Hessen. Mal sind es die sphärisch verhallten Gitarren, die einen schwelgen lassen, mal treibt einen ein hypnotisierender Beat voran. Wenn einem danach ist, kann man sich von den unzähligen Hook-Lines einen neuen persönlichen Ohrwurm einpflanzen lassen (Now It´s Up To You, Mr. Braddock, Automatic, Hey Hey (I Found You)), oder aber man besinnt sich auf das meditative Dahinfließen von Tracks wie Standby Me oder dem namenlosen Titel 5. Schmidts Stimme klingt dabei immer wie das eigene Zuhause. In ihr findet man Ruhe und Abstinenz, wenn man sie braucht und trotzdem ist sie ein pulsierender, lebendiger Ort, an dem man feiert und Freunde trifft. Gleiches lässt sich auf das gesamte Album übertragen. We Won´t Crush bildet den Ruhepuls am Pol der Zeit und ist damit wie geschaffen, um in der Bewegung zu verweilen (siehe auch CD-Cover).
Fazit: Selten klang ein Debüt so homogen, so eingängig einfühlsam, so schön, ohne dabei auch nur einmal katatonisch zu werden. Morning Boy vertonen den Blick von einem der zahlreichen Wolkenkratzer ihrer Heimatstadt und erfassen dabei den gesamten Horizont. Das Wetter ist gut, die Sichtweite hervorragend und We Won´t Crush ein absoluter Hoffnungstonträger. Mit dieser Platte wird alles gut. Alles.
Anspieltipps:
- Hey Hey (I Found You)
- Pilot
- Every Whisper
- Standby Me
- Just 19
http://www.myspace.com/morningboy
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afternoon boy: Jakob Sauerwein