Künstler: Ron Sexsmith
Album: Time Being
Herkunft: Toronto, Kanada
Musikrichtung: Folk bis Pop
Mit seinem mittlerweile 8. Album "Time Being" müsste es Singer/ Songwriter Ron Sexsmith eigentlich schon längst zu großem Erfolg gebracht haben. Nicht genug, dass der 1964 geborene Kanadier eine beeindruckende Liste erklärter Fans – unter anderem Paul McCartney, Elvis Costello, Chris Martin und Ray Davies – aufweisen kann, nein, er ist auch seit Jahren im Vorprogramm von Radiohead, The Cardigans oder Sarah McLachlan zu bewundern. Trotzdem blieb Sexsmith der große kommerzielle Erfolg bisher leider versagt.
Ob dies nun seiner introvertierten, bisweilen phlegmatisch wirkenden, Erscheinung geschuldet ist oder ob ihm der Zeitgeist, an dem er viele Jahre konsequent vorbeimusiziert hat, ein Schnippchen geschlagen hat, ich weiß es nicht. Am Talent kann es jedenfalls nicht gelegen haben, denn davon hat Sexsmith mehr als genug. So ist es auch kein Zufall dass er letztes Jahr den Juno-Award, das kanadische Pendant zum Grammy, in der Kategorie Singer/ Songwriter mit nach Hause nehmen durfte. Auch dieses Jahr ist er wieder mit 3 Stücken seines 2005’er Albums „Destination Unkown“ nominiert.
Doch Ron ist keiner der gerne lang auf der Faulen Haut liegt und so stellte er kurz vor Jahresende die zwölf neuen Stücke seines Albums „Time Being“ fertig. Die Aufsicht darüber hatte diesmal wieder Mitchell Froom, der bereits die ersten drei Longplayer Rons produziert hatte. Damals spielte er noch reinen Folkpop der melancholischen Sorte, fand jedoch in letzter Zeit auch verstärkt Zugang zu elektronischen Elementen, was sowohl eine steigende Mainstreamtauglichkeit, aber auch eine enttäuschte Fangemeinde zur Folge haben könnte. Das ist aber eher unwahrscheinlich, denn Rons Ausflug in unbekannte Gefilde scheint seinen bisherigen Stärken nicht geschadet zu haben. Noch immer besticht er durch seinen Sinn für eingängige Melodien, seine warme Gesangsstimme und wundervoll schlichte Texte: „Strange how their love bloomed in the winter / Only to vanish in the spring“ heißt es etwa in „Snow Angel“.
Wer aber nun meint "Time Being" sei durch und durch ein vor Weltschmerz und Sehnsucht triefendes Stückchen Folk-Schnulz, liegt deutlich daneben. Natürlich gibt es einige ruhige und wehmütige Titel, die vor allem den Akustik-Gitarren-Freund erfreuen werden, hinzu gesellen sich aber auch eine Menge ungewohnte Klänge: von beatlesken Sommersongs, über Kinks- und McCartney-Anleihen bis hin zu Powerpop à la Coldplay – Sexsmith hat ein beeindruckend breites Stilspektrum auf dieser Platte vorgelegt. Sogar rumpelnden und schnarrenden Folkrock im Stile von Neil Young and The Band findet der erstaunte Hörer.
Ron Sexsmith klingt versöhnt und dazu gibt es ja schließlich auch allen Grund. Er ist mittlerweile verheiratet, hat zwei Kinder und kann nun seelenruhig auf den ihm gebührenden Erfolg warten.
Und so sind seine schlichten Schlussworte "It was such a pleasant dream / till someone pulled the plug" die wahrscheinlich treffendste und ehrlichste Beschreibung eines tollen Albums.
Erfreut: Martin Rüdiger