Band: The Streets
Album: Everything Is Borrowed
Mitglieder: Skinner, Mike
Herkunft: London-Birmingham-London, UK
Musikrichtung: poppiger Hip Hop mit höchst philosophischen Lyrics
The Streets, das ist in erster Linie Mike Skinner.
Und dieser rappte sich vor gut acht Jahren quasi als Sprachrohr der englischen Arbeiterklasse nicht nur in deren Herzen, sondern becircte Kritiker und Fans gleichermaßen mit seinem derbem, aber unfassbar charmanten britischen Slang und schonungslos ehrlichen Lyrics. Dementsprechend wurden seine beiden ersten Alben damals auch gefeiert. Aussagekräftiger Hip Hop mit Anspruch, der sich auf die scheinbaren Banalitäten des alltäglichen Lebens konzentriert: The Streets propagieren Authentizität.
Doch wo Licht ist, ist auch Schatten.
Vor zwei Jahren dann also das: Ruhm und Reichtum steigen Mike Skinner scheinbar etwas zu Kopf.
Sein drittes Album „The Hardest Way to Make an Easy Living“ thematisiert Drogenexzesse, rauschende Feste, Alkohol, Prominententum. Der ganz alltägliche Wahnsinn eben.
Skinner präsentierte mit unwiderstehlicher Großkotzigkeit die hellen und dunklen Seiten seines Stardaseins und so mancher fragte sich, was da noch kommen soll…
Und jetzt das: der Geläuterte.
Mike Skinner, der vor zwei Jahren noch einen auf dicke Hose machte, stülpt sich auf seinem vierten Studio-Album “Everything Is Borrowed” nun geläutert ein bescheidenes Öko-Hemdchen über.
“I came to this world with nothing/And I leave with nothing but love/Everything else is just borrowed” philosophiert er im gleichnamigen Opener und seine sehr ernsthaften geistigen Ergüsse werden musikalisch untermalt von synthie-mäßig gefakten Bläsersätzen und niedlichen Frauenchören.
Ohnehin zeigen sich The Streets auf ihrem neuen Album poppiger den je. Beschwingte Piano-Einsätze, Schifferklavier, Bläser, Background-Chöre, mehr Gesangsparts. Die Streets-typischen, groben Hip-Hop- Beats und der schnoddrige Sprechgesang Skinners bleiben zwar, doch treffen sie auf „Everything Is Borrowed“ vermehrt auf Popklänge.
Auf dem Weg zur Katharsis wandeln the Streets nun also auf spirituellen Natur-Pfaden, Sex und Drugs und Rock`n Roll werden als umwelt- verschmutzender Müllberg am Wegesrand zurückgelassen. Seelische Reinigung, also. Religiösität und Esoterik und so Sachen.
Dazu gesellen bei „The Way Of The Dodo“ ein leicht erhobener Zeigefinger und die sanft schwingende, viel gefürchtete Moralkeule:
“It's not earth that's in trouble/It's the people that live on it, no no/Earth'll be here long after we've all gone the way of the dodo”, warnt Mike Skinner, appelliert an das allgemeine Umweltbewusstsein und sagt der Menschheit in einer doch recht düsteren Vision einen unangenehmen Untergang voraus, ähnlich dem Aussterben des exotischen Riesenvogels.
Alles in allem steht die neue Bescheidenheit den Streets ziemlich gut. Mike Skinner gibt sich ungewohnt nachdenklich und sentimental, ohne an der geliebten Authentizität zu verlieren, und entdeckt ganz nebenbei noch die musikalische Leichtigkeit des Seins. Lässiger Hip Hop trifft auf eingängigen Pop und jazzig angehauchte Klänge (sehr schön in „I Love You More (Than You Like Me)“ zum Beispiel). Dazu noch ökologisch nachhaltige Lyrics und mitsingbare Refrains. Zusammen ergibt das dann wieder einmal ein The Streets- Album von gewohnt hervorragender Qualität.
Anspieltipps:
- I Love You More (Than You Like Me)
- Everything Is Borrowed
- Heaven For The Weather
- The Escapist I Know
- The Way Of The Dodo
im Internet:
www.the-streets.co.uk
www.myspace.com/thestreets
Umweltfreundlich, sentimental und viel zu nachdenklich: Johanna Eisner
zum ökologisch nachhaltigen Beitrag