Band: Wye Oak
Album: Civillian
Herkunft: Baltimore, Maryland, USA
Mitglieder: Jenn Wasner (Gesang, Gitarre) und Andy Stack (Drums, Keyboards)
klingt wie: frühlingshaft frische Melancholie
Ein fast schon schweres Los ist es, das man dieser Tage aus dem großen Genre-Jackpot zieht, wenn man als junge Kapelle nur so Musik mit so Gitarren macht. Denn wer braucht schon noch nur so Gitarren, wenn er doch über eine eindrucksvolle Expertise wesentlich innovativerer und ohnehin ganz einzigartiger Subgenres („Post-Dubstep? Voll 2010! Aber hast du schon von Ambient-Soul gehört? Und übrigens... die ersten Post-Chillwave-Acts veröffentlichen bald.“) verfügt. Und so scheint es für Bands weitaus rentabler, die ollen Gitarren durch ein schickes und stark rauschendes 8-Spur-Tongerät zu jagen, auf einen schleppenden Beat zu betten und die eigene Stimme bis zur Unkenntlichkeit im Hall zu versenken um von den besonders scharfsinnigen Kritikern überhaupt noch wahrgenommen zu werden – denn, wenn wir ehrlich sind, dieser, schnarch, Indie-Rock hat seine Underground-Kredibilität spätestens bei der letzten Grammy-Verleihung eingebüßt.
Wye Oak aber, ein Duo aus Baltimore, lassen sich davon nicht beirren. Beharrlich halten sie an ihrer Mischung aus Folk-Pop, Indie-Rock und Noise fest und nehmen lieber in Kauf, unterschätzt zu werden, als blind irgendwelchen schnelllebigen Trends hinterherzurennen. Dabei ist „Civilian“, ihr bereits drittes Album, ein großer Wurf, der aber leider die Aufmerksamkeit verfehlt, die er eigentlich erzielen sollte.
Im Grunde genommen ist die Musik von Jenn Wasner, deren Stimme wieder einmal so ähnlich klingt wie die des werten Fräuleins aus dem Beach House, und Andy Stack ganz simpel. Folkmusik eben. Einfach gestrickte Songs, wenig Schnick-Schnack, immer mit Fokus auf das Wesentliche. Und dennoch: die Wirkung ist maximal.Spielerisch tänzeln die Gitarren durch die Songs, bevor sie sich hin und wieder zu imposanten Klangwänden auftürmen. Dazwischen singt Jenn Wasner mit zurückhaltender Schwerfälligkeit - es ist genau dieser Balanceakt zwischen frühlingshaft sprießender Leichtigkeit und ernsthafter Schwermut, der die Musik von Wye Oak so bemerkenswert macht. So scheint es, als können sich die Songs nicht entscheiden zwischen Aufbruch und Melancholie, zwischen laut und leise. Müssen sie auch nicht - ihnen gelingt beides. Dabei entwickelt sich mit der Zeit ein Gefühl, das gerade bei heutiger hipper Trend-Musik all zu selten entsteht: Vertrautheit.
Ein wenig erinnert das Spiel mit einem noisigen Gitarrensound, der lakonischen Stimme der Sängerin und der melancholisch gefärbten Grundstimmung der Songs auch an die Kanadier von Land Of Talk, die ebenfalls mit einem gewissen Aufmerksamkeitsmangel zu kämpfen haben.
Letztendlich aber ist es stets besser, unterschätzt zu werden, als überschätzt. Wye Oak können sich beweisen. Das nächste heiße Subgenre aber vergeht schneller, als es überhaupt kam. Mögen ihre altertümlichen Gitarrenwände in Zeiten von Post-Hipsterstep für einige zu rustikal, zu unspektakulär oder gar zu mittelmäßig daherkommen: sie haben genau das, was so manchem aktuellem musikalischem Experiment fehlt: Beständigkeit und Herzblut.
Anspielen:
- Holy Holy
- Civilian
- Fish
- Hot as Day
- We were Wealth
Underground, underdog, underrated, under stress, under pressure, under-appreciated: Johanna Eisner
sehen:
http://www.youtube.com/watch?v=r5B4KS7GP9A
nachlesen:
Und HIER der unterschätzte Beitrag.