Ska-Punk ist tot. So schien es jedenfalls 2011, als Let’s Face It der Mighty Mighty Bosstones schon langsam in den Regalen verstaubte und auch Less Than Jakes Anthem seinem zehnten Jubiläum entgegenblickte. Während die Charts von Bruno Mars, Pitbull, Adele & Co. gestürmt wurden, bahnte sich an der US-Westküste, noch bevor von der Pop Punk-Revival-Welle die Rede war, das Minirevival des Ska-Punk an. Dort traf die Singer-Songwriterin Aimee Allen auf die drei Brüder der Musikfamilie Bivona. Alle waren bis dato eher weniger als mehr erfolgreich mit ihrer Musik gewesen, als der vielzitierte Funke übersprang und The Interrupters gegründet wurden.
13 Jahre später betouren Aimee Interrupter, ihr Ehemann Kevin Bivona und die Zwillinge Jesse und Justin Bivona zusammen auf der ganzen Welt ihr bereits viertes Studioalbum. Das 2022 releaste In The Wild steht dabei inhaltlich wie musikalisch für das, was die kalifornische Band ausmacht: In den Songtexten geht es genretypisch um das Anecken, das Nicht-dazugehören oder Aufruhr gegen herrschende Strukturen, aber daneben unter anderem auch um mentale Gesundheit und damit um ein Thema, was bisher im Ska-Punk nur sporadisch Platz fand. Alles in allem sind das relativ schwerwiegende Themen, die auf die im Allgemeinen sehr lebensbejahenden musikalischen Elemente des Interrupters-Sounds treffen. Der ist getrieben von klassischen Offbeat-Gitarren, virtuosen Bassläufen und Aimees tiefer, markant-kratziger Stimme. Dabei bewegen sich The Interrupters frei zwischen Ska und Pop-Punk und vermischen dementsprechend Merkmale dieses Genrefelds in ihren Songs. Das Ergebnis ist verdammt energiegeladen, dass es stellenweise animalisch anmutet.
Die große Stärke der Band liegt darin, diese Energie so auf die Bühne zu bringen, wie man es selbst von den Größen der vergangenen Ska-Punk-Welle nicht unbedingt gewohnt war. Es ist nicht nur die musikalisch-handwerkliche Perfektion des Quartetts: Wer einmal selbst auf einem The Interrupters-Konzert war, kennt diese Magie, die ab Showsekunde 1 von der Band in Form von Ekstase auf das Publikum übertragen wird. Dort verbindet sie Fans von Operation Ivy oder Rancid mit denen von Green Day oder Simple Plan und gibt dabei vor allem Anhängenden letztgenannter Bands einen erfrischenden Ausflug in die Welt der noch sehr publikumsnahen Bands. Spontan Songwünsche zu erfragen ist da nur eine der vielen Aktionen, die sich Bands ohne perfekt durchgeplante Show wie The Interrupters noch problemlos leisten können.
Deutschen und speziell ostdeutschen Fans boten sich bislang nur wenige Chancen, ohne längere Fahrt- oder Flugzeit in den Genuss einer Interrupters-Show zu kommen: Neben einem Supporting Act für Green Day 2017 in Berlin gab es bis heute in der Region nur einen einzigen Solo-Auftritt der Kalifornier: 2022, im Rahmen der In The Wild-Promotour, ebenfalls in der Hauptstadt. Dieses Jahr ist es mit dem Huxley’s wieder dieselbe Location im Osten Deutschlands, die von der Gruppe beehrt wird. Ob mit dem nächsten Album auch Dresden oder Leipzig betourt werden, bleibt abzuwarten. Für den Moment dürfen wir uns glücklich schätzen, dass die Band, die den Ska-Punk wieder zumindest mittelgroß machte, Deutschland überhaupt als feste Größe in ihren Tourplan aufgenommen hat und sich nicht auf Shows in den Staaten und dem Vereinigten Königreich beschränkt.
2024 sind 5 Tourtermine in Deutschland vorgesehen mit zwei Soloauftritten, die leider schon ausverkauft sind. Für die drei Festivalshows sind allerdings noch Tickets verfügbar:
- 7.06., Rock im Park
- 8.06., Rock am Ring
- 28.06., Vainstream Rockfest
Wir empfehlen es wärmstens, sich einmal in dieses lebensbejahende Spektakel zu stürzen!