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Summary

Bov Bjerg: Deadline

Kennt ihr das? Ihr erlebt etwas Schlimmes, und das prägt euer Handeln für den Rest eures Lebens?

Bei Paula ist es ein Ereignis, das mit Unpünktlichkeit zu tun hat. Als sie ein Kind ist, verpasst sie einen Zeitpunkt, und nach allem, was danach geschieht, ist sie nie wieder unpünktlich. Welches Ereignis das ist, stellt sich im Laufe des Romans heraus.

Der Roman, von dem ich euch heute kurz berichten möchte, heißt „Deadline“ und ist das Debüt von Bov Bjerg. Er ist nicht nur etwas Besonderes, weil er ein Debüt ist, sondern auch, weil das Buch selbst eine interessante Geschichte hat. Denn eigentlich ist „Deadline“ in einem anderen Verlag bereits 2008 erschienen. 224 Exemplare wurden verkauft, der Rest der Erstauflage fiel einem Lagerbrand zum Opfer. Die Bücher sind also nur noch antiquarisch für viel Geld zu bekommen. Jetzt, 2021, bringt der Kanon Verlag das Buch für ein breiteres Publikum erneut auf den Markt.

„Deadline“ ist anders. Es ist rasant und atemlos, lebt in Schlagworten, Überschriften, Fetzen. Die Antagonistin übersetzt Gebrauchsanweisungen und hat also den Kopf voller Vokabeln, Marketingformulierungen und Synonymen, die ihre Art zu denken komplett bestimmen. Ihre Beobachtungen sind wie die einer analytischen KI, die zwanghaft alles benennen muss, und der doch der Zugriff fehlt. Wir blicken Paula direkt in den Kopf, reisen mit ihr aus den USA zurück in das Dorf ihrer Kindheit, und Stück für Stück schält sich aus ihren Beobachtungen, Erinnerungen und Gedanken Paulas Geschichte heraus. Wie wurde sie, wer sie heute ist?

Der Schreibstil ist etwas ganz besonderes. Paula erscheint als eine Getriebene, die doch nirgendwo ankommt. Bjerg arbeitet mit Sprache wie andere mit Ölfarben. Paulas Gedanken sind nüchtern und doch persönlich, die Wortwahl teilweise geradezu poetisch, manchmal kafkaesk, und zugleich immer so direkt, dass es fast weh tut. Ein ungewöhnliches Buch, und durch und durch wert, gelesen zu werden.

„Deadline“ von Bov Bjerg erschien am 11. August 2021 im Kanon Verlag.

Audiobeitrag

Ein tolles Buch über die erste Liebe ist zuerst als Webcomic erschienen: Alice Oseman hat mit "Heartstopper" ein Werk geschaffen, das einfach genau richtig ist: Die langsame Entwicklung der Charaktere und v.a. der Beziehung von Charlie und Nick ist so realistisch, so gesund und schlicht schön dargestellt, dass es zu einem richtigen Wohlfühlbuch wird. Der Zeichenstil ist sanft und minimalistisch, was die Bilder umso ausdrucksstärker macht.

Der Klimawandel macht uns allen deutlich: Veränderung ist notwendig, um in Zukunft gut leben zu können – und vielleicht auch, um überhaupt eine Zukunft für die gesamte Menschheit zu haben. Aber ist das den Staaten der Erde bewusst? Handeln sie danach? Oder gibt es vielleicht auch andere Akteure, denen zuzutrauen ist, einen echten Einfluss zu nehmen? Das Jahrbuch Ökologie widmet sich in Aufsätzen von mehr als 40 Autor:innen einer solchen Akteursgruppe: den Städten.

Was wissen wir vom Leben in der Sowjetunion? Also, nicht von den historischen Ereignissen, sondern vom ganz normalen Leben? Nicht viel, oder? Aber das lässt sich ändern.

Viele Begriffe für das weibliche Geschlechtsorgan sind ja vor allem verniedlichend, diffus oder abwertend. Aber warum eigentlich? Geht es nicht auch anders? Es geht! Nämlich wertfrei, in präziser Sprache, und damit genau richtig, um sich der Thematik ohne Unsicherheiten zu nähern.

"Debbie geht nicht gerne unter Leute. Sie schreibt lieber Textnachrichten als zu telefonieren und steht auf Partys immer abseits. Ein perfekter Tag ist für Debbie, wenn es draußen regnet und sie mit einer Tasse Tee und einem Buch auf dem Sofa liegen kann. Natürlich fragt sie sich, ob etwas mit ihr nicht stimmt. Aber sie ist eben einfach glücklich mit sich selbst. Und mit Jason, der sie so akzeptiert, wie sie ist. Auch ohne viele Worte. Was soll daran verkehrt sein?"