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Summary

Biffy Clyro - Opposites

Schizophrene Bekenntnisse eines Fans.

Band: Biffy Clyro
Album: Opposites
Mitglieder: Simon Neil, James Johnston, Ben Johnston 
Herkunft: Schottland
Klingt wie: stadium at its best







Biffy Clyro. Eine Band, die in den letzten Jahren einen derartig großen Sprung nach vorne gemacht hat, dass es schon für Unbeteiligte kaum greifbar scheint. Meine Geschichte mit Biffy Clyro ist eine persönliche (deshalb schonmal Entschuldigung für jegliche Subejktivität) und muss für diese Rezension kurz angerissen werden: 2007 habe ich mich in Vorbereitung aufs Highfield-Festival intensiver mit dem Line-Up beschäftigt. Dazu gehörte auch Biffy Clyro, die gerade ihr Major-Debüt Puzzle auf den Markt geworfen hatten. Nach dem ersten Hören legte ich die Platte erstmal beiseite. Nach dem zweiten Hören nie wieder. Der Auftritt beim Highfield hat mich dermaßen umgehauen, dass ihm 5 weitere folgten. 2009 durfte ich Biffy sogar bei einem Konzert im Berliner Kesselhaus interviewen. Die Diskografielücken vor Puzzle hatte ich schnell geschlossen und so kann man durchaus sagen, dass ich mich in der Materie bewege und den rapiden Aufstieg von Biffy Clyro noch als „Fan der alten Generation“ erlebe.

Vom ersten Album Blackened Sky 2002 bis zum letzten Only Revolutions haben sich Biffy Clyro enorm entwickelt. Die kompositorische Vertracktheit der ersten drei Platten wurde in gefällige Rockhymnen gewandelt, ohne dabei den eigenen Stil aufzugeben, der vorallem durch Neils Gitarrenarbeit unverwechselbar wird. Wie das aber immer so ist, wenn sich szeneninterne Musik zur Radiotauglichkeit bewegt, spaltet sich auch bei Biffy die Fangemeinde in zwei Lager. Während man auf früheren Konzerten noch regelmäßig den „Mon The Biff“-Schlachtruf gehört hat, hört der durchschnittliche Konzertgänger auf heutigen Biffy Konzerten gar nichts mehr, weil Ohrenstöpsel seltsamerweise in Mode gekommen sind. Für diese Entwicklung können die Schotten allerdings nichts. Sowas kommt einfach, wenn man auf Facebook die 1-Million-Likes-Marke vor Augen hat. Zum Glück spiegelt sich die Veränderung des Live-Erlebnisses nur vor der Bühne wieder und nicht auf ihr, denn Biffy Clyro sind nach wie vor eine der besten Live-Bands dieses Planeten.

Die bereits angesprochene Zwigespaltenheit der Fanlager resultiert aus der Zwigespaltenheit der Biffy-Songs, die sich seit Only Revolutions immer mehr abzuzeichnen drohte und auf Opposites nun ihre Perfektion erreicht hat. Das neue Werk ist ein Doppelalbum. Ein Opus. Ein Bollwerk. Klar: Jede Rockband, die bei einem Major gesignet hat, braucht ein Doppelalbum. Laut Aussagen der Band, wäre Opposites fast nicht entstanden: Bandinterne Differenzen, persönliche Tiefs und ein Alkoholproblem von Schlagzeuger Ben Johnston machten Biffy schwer zu schaffen. Opposites scheint eine Trotzreaktion zu sein, die alle Widrigkeiten von sich abweist und nach vorne blicken möchte. Der Opener „Different People“ treibt an, reißt mit und zieht einen ins Album hinein. Jeder Biffy-Jünger fühlt sich direkt wohl und verlangt an dem Punkt, dass die Platte darauf aufbaut, ansteigt und sich für ewig ins Herz einbrennt. Und genau da scheint momentan das Problem zu liegen. „Black Chandelier“ ist der zweite Track und eine so aalglatte Pop-Rock-Nummer, dass es schmerzt. Single-tauglich bis ins kleinste Detail. Selbst der für Biffy typische Ausbruch zum Ende eines Liedes, der auf Only Revolutions mit Songs wie „Bubbles“ oder dem ewig grandiosen „Golden Rule“ geglückt ist, wird auf Opposites oft zur kalkulierten Effekthascherei. Refrains fürs Stadion gibt es en masse, so auch im folgenden „Sounds Like Ballons“, dass drive-technisch allerdings ganz weit oben ist. Und dieses Auf und Ab der Gefühle zieht sich konsequent durch die Platte. Mit dem Titeltrack „Opposite“ gibt es die obligatorische Ballade für die Mädels, die in die Fußsstapfen von „God & Satan“ tritt. Hier wünscht sich jeder „alte“ Biffy-Fan die Intimität und Echtheit eines „Machines“ zurück. Mit „The Fog“ gibt es eine sphärische Elektro-Pop-Nummer, auf die inkonsequenterweise mit „Little Hospitals“ eine derartig punkige Rotze folgt, als hätten Pennywise und Bad Religion höchstpersönlich Hand angelegt.

Diese gewisse Inhomogenität kann auch auf CD 2 nicht abgeschüttelt werden. „Stinging Bell“ stampft mächtig los, kann aber in seiner Intensität eigentlich nur live verstanden werden (so geht es vielen Biffy-Songs seit Puzzle). Es folgt ein richtiger Lichtblick. „Modern Magic Formular“ könnte so auch auf einem der ersten Biffy-Alben sein. Verschrobenes, rauhes Gitarrenriff, Neils Stimme, die sich selbst keine Grenzen setzt und auch mal ins Schreien verfällt, so wie das früher Gang und Gebe war und ein Refrain, der immerhin weniger dahinglitscht, als manch anderer auf „Opposites“. Was „Spanish Sahara“ soll, wird mir für immer ein Rästel bleiben. Gleiches gilt für das unfassbar, unfassbar, unfassbar ekelig-rundgelutschte Nümmerchen „Pocket“. Dass anderswo geschrieben wird, es handle sich um eine Indie-Pop-Nummer, die man nicht besser schreiben könnte, erscheint mir wie eine Aussage aus einem anderen Universum. Allein für dieses Lied könnte man Biffy Clyro hassen, zumal ihm mit „Victory Over The Sun“ ein Track vorrausgeht, der genau das Opposite von „Pocket“ ist. Die für Biffy typische Instrumental-Metaphorik baut sich zu Beginn dieses Übersongs auf, um nach einer anderthalben Minute in einen derart griffigen, catchigen Tune überzugehen, dass selbst die schlimmsten Kritiker hier keine Angriffsfläche finden dürften. Alles gipfelt anschließen in einem so emotionalen Refrain, dass es, in Anbetracht der schwierigen Phase, in der sich die Band befand, weh tut. Immerhin mussten die drei ihren persönlichen Victory over the Sun erringen.

Der Rest des Albums erweist sich weitestgehend genauso indifferent wie alles bisher gehörte. „Trumpet Or Trap“ gut und stimmig, „Woo Woo“ ein Fan-Kescher-Song, um ein paar neue Freunde ins Boot zu kriegen, die dann Ohrenstöpsel auf den Konzeren haben und einander fragend ins taube Ohr flüstern „Was bedeutet denn diesen Monnde Biff?“ Und „Skylight“ versucht eine Stimmung zu erzeugen, die auch eher für Laienromantiker gedacht zu sein scheint: „I don´t know, where we´re going from here, but it´s time to sing the sadest song“ darf man einfach nicht singen. Nicht als Simon Neil, der auf Puzzle noch die kongeniale Zeile „I met god and he had nothing to say to me“ ins Mikrofon geblutet hat.

Opposites hätte wirklich ein Victory over the Sun werden können, hätte man Qualität der Quantität vorgezogen. Das Verhältnis von „Victory Over The Sun“ und „Pocket“ definiert im Prinzip das komplette Doppelalbum. Zu oppositionell, zu unausgeglichen, zu Radio?
Bleibt die Frage, warum Opposites dennoch CD der Woche ist. Nunja, es handelt sich hier generell um Kritik auf einem Niveau, das viele (selbst große) Bands nicht erreichen. Simon Neil schreibt zurzeit einfach die besten Rocksongs und Stadionhymnen, die man bekommen kann. Als eingefleischter Fan darf man den Schotten den Werdegang vom geheimen Insidertipp hin zu Muse und Konsorten nicht verübeln. Das ist geschriebenes Gesetz und lässt sich nicht ändern. Man muss sich die Perlen rauspicken, denn die gibt es noch immer genügend. Songs wie „Pocket“ hingegen sollte man da eher ausblenden. Man kann nur Beten, dass sich live nichts ändern wird, denn auch die aalglatt produzierten Tracks von Opposites haben auf der Bühne dank Neils unvergleichlichen Gitarrenwänden den vertrauten Brett-vor-den-Kopf-Effekt. Leider blitzt der auf „Opposites“ viel zu selten auf. Aber dafür gibt es ja zum Glück noch die anderen Platten. Die Veränderung der Schotten spiegelt sich im Übrigen auch arg im Aussehen wieder. So aalglatt wie die Songs produziert sind, haben sich Sänger und Bassist auch die Haare nach hinten gestylt. Vergleicht man den Simon Neil vom Highfield 2007, dessen Gesicht man vor lauter Haaren und Bart nicht einmal hat erkennen können, mit dem Simon Neil der jetzt im Trenchcoat und mit 3-Tage-Bart bübisch auf jedem Magazincover grinst, fragt man sich leider schon manchmal, wie ernst man den ein oder anderen Song nehmen kann.

Anspieltipps:

  • Sounds Like Ballons
  • Different People
  • Victory Over The Sun
  • Biblical

www.biffyclyro.com
www.facebook.com/biffyclyro

Doppelt hält manchmal eben nicht besser. Macht aus nem guten Doppelalbum jetzt ein Perfektes: Jakob Sauerwein.

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