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Karoline Walter: Guten Abend, gute Nacht. Eine kleine Kulturgeschichte des Schlafs

Der Schlaf ist der Bruder des Todes, doch ungleich mächtiger, denn er zwingt sogar die unsterblichen Götter. So jedenfalls erzählen es die alten griechischen Mythen.

Im 18. Jahrhundert noch hieß es “Lange Schlafen macht dumm, träge und ungesund; man muss also kurz schlafen.” Eine nachvollziehbare Haltung, wenn man meint, der Schlaf raube uns wertvolle Lebens- und Schaffenszeit. 

In unserer heutigen Rezension sehen wir uns ein Buch zum Thema Schlaf an: Karoline Walters “Guten Abend, gute Nacht. Eine kleine Kulturgeschichte des Schlafs”, erschienen im Hirzel Verlag 2019.

 

Bei “Guten Abend, gute Nacht” handelt es sich nicht um ein Sachbuch an sich. Es ist eher in den Bereich der Populärwissenschaften einzuordnen, hier und da ergänzt um Anekdoten bekannter Persönlichkeiten oder aus dem Leben der Autorin. 

Das Buch verspricht und bietet einen kleinen Ritt durch die Kulturgeschichte des Schlafes vor allem im westlichen Raum, mit dem einen oder anderen Abstecher in andere Kulturkreise. 

Dabei geht es aber nicht nur um Schlafenszeiten, -dauer und -phasen, sondern auch um die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen veränderter Licht-, aber auch Arbeitsbedingungen im Laufe der Zeit. Vor der Industrialisierung und der Erleuchtung der Städte bei Nacht haben die Menschen anders geschlafen, als sie es seitdem tun. 

Kulturelle Unterschiede zwischen den Zeitaltern wie auch den Kontinenten werden ebenfalls beleuchtet und damit gewissermaßen “erhellt”. So ist es im asiatischen Raum zum Beispiel nicht nur üblich, sondern sogar gesetzlich sichergestellt, eine Mittagsruhe zu halten. 

Nicht nur der Nacht- oder Mittagsschlaf selbst, sondern auch schlafähnliche Zustände wie Somnambulismus, Trance oder Hypnose werden betrachtet. Darüber hinaus wirft Walter einen Blick auf verschiedene Wege, wach zu bleiben - u. A. natürlich durch chemische Drogen, wie sie zum Beispiel im Zweiten Weltkrieg Anwendung fanden. 

Aber nicht nur Schlaf im Sinne von Schlafmanagement ist ein militärisches Dauerthema - auch die Folgen von dauerhaftem Wachsein oder von Schlafentzug werden angerissen. So gab es durchaus Menschen, die freiwillig versucht haben, so lange wie möglich wach zu bleiben - aber natürlich wurde und wird Schlafentzug auch als Verhör- bzw. Foltermethode eingesetzt, um Geständnisse zu erpressen, oder auch halluzinierte Geständnisse, wie bei den Hexenprozessen.

Ebenfalls thematisiert wird der Schlaf von Säuglingen und Kindern, und wie sich die Einstellungen hierzu im Laufe der Zeit gewandelt haben. Auch Schlaflieder und ihre oft grausigen Inhalte werden nicht außen vor gelassen. 

Modernere Schlafthemen wie Powernapping oder polyphasischer Schlaf kommen ebenfalls aufs Tableau: Im Zeitalter der Ökonomisierung aller Lebensbereiche zählt natürlich auch der Schlaf selbst als Wirtschaftsfaktor - nun nicht mehr als verschwendete Lebenszeit, sondern als Ressource, die, auf die richtige Art und Weise genutzt, den Menschen noch erfolgreicher arbeiten, noch besser funktionieren lässt. Es geht schließlich überall um Effizienz - auch beim Schlafen. Die neuen Arten des Schlafes und unzählige Apps, die den Schlaf vermessen und verbessern sollen - sie alle zielen auf eine verbesserte Wachheit ab. 

Das funktionalistische Verhältnis zum Schlaf, das v. a. westliche Gesellschaften prägt, kann zurückgeführt werden bis zum christlichen Erweckungsgedanken, der das Verhältnis zum Schlaf wie zur Arbeit bis in die Moderne prägt. 

Ebenfalls zur Sprache kommt das Schlafen im öffentlichen Raum und - ganz andere - moderne Herangehensweisen, die den Schlaf zu einem Erlebnis machen sollen - zum Beispiel, indem man im Schlaf selbst noch Kontrolle über die eigenen Träume erlangt oder behält. Inwieweit das Klarträumen am Ende den Schlaf von sich selbst entfremdet, bleibt abzuwarten.

“Guten Abend, gute Nacht” ist angenehm geschrieben und wartet immer wieder mit interessanten Informationen auf. Stellenweise hätte ich mir ein besseres Lektorat gewünscht und auch der Blick aus der westlichen Gesellschaft heraus hätte gern noch etwas ausführlicher ausfallen können.

Ausführliche Endnoten, ein umfangreiches Literaturverzeichnis und ein Register eröffnen der interessierten Leserschaft die Möglichkeit, sich über das Buch hinaus selbst noch weiter in das Thema Schlaf einzulesen oder spannende Punkte schnell herauszusuchen und zu vertiefen.

“Guten Abend, gute Nacht. Eine kleine Kulturgeschichte des Schlafs” von Karoline Walter erschien 2019 im Hirzel Verlag.

 

Audiobeitrag

 

 

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